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Seglerleben an der Ostküste

Sarah • 18. Juli 2021

Von Villasimius nach Arbatax

Segeln wohin Wind und Welle einen tragen – hört sich super an. 

Wenn man sich das aber etwas genauer anschaut stellt man schnell fest, dass das ein romantisches Bild ist – aber eben halt auch nur ein Bild.

Im Großen würde das ja zum Beispiel heißen, dass man wie wir in südlichen Sizilien, in Licata startet und je nach Wind in Griechenland, Tunesien, Malta oder -mit viel Glück- in Sardinien landet. 

Und in den meisten Fällen will man ja irgendwo hin. Oft noch innerhalb einer bestimmten Zeit. Wir zumindest wollen die Ostküste Sardiniens entlang segeln. Dafür benötigen wir den Wind aus der richtigen Richtung – alles was nicht Nord- Nord-West oder Nord-Ost ist, ist super. Zudem hätten wir gerne den Wind nicht zu schwach (wir wollen ja nicht motoren), und aber auch nicht zu stark (keine Lust auf Sturm im unbekannten Gebiet). Ach ja und dann bräuchten wir so in ca. 6-8 Stunden Entfernung noch einen geschützten Ankerplatz, der nicht zu flach, nicht zu tief ist, bitte sandigen Untergrund, der uns durch einen Hügel aus der vorherrschenden Windrichtung schützt und der gegen einlaufenden Schwell geschlossen ist. Oder alternativ bei viel Wind eine Marina, die ausreichend geschützt ist und die nötige Tiefe für unser Boot hat.Als Segelboot geht es unter Wasser noch über 2 Meter weiter bei uns. 

Da man sich die Bedingungen nicht wünschen kann, setzt das alles viel Planung vorraus, mit Hilfe von Wetterapps, Küstenhandbüchern und Kartenmaterial. Die richtige Planung entscheidet über gut schlafen oder besorgt wach bleiben, motoren oder segeln, bleiben oder aufbrechen. 

Und so heisst es oft irgendwo warten, um den nächsten Streckenabschnitt gut meistern zu können. Auch mal einen Ort auslassen, weil der bei den Windbedingungen gerade nicht passend ist. 

Dennoch müssen wir immer wieder umplanen, manchmal sehr spontan, und uns eine neue Lösung suchen, eine neue Bucht, eine Marina…

Das ist ein interessanter, lehrreicher und auch wirklich ganz neuer Grad an Fremdbestimmung. Durch das Wetter, unbestechlich, unverhandelbar, auch durch Charme nicht beizukommen. Und oft schlecht einschätzbar und wechselhaft in seinen Launen. Dabei ist wie oben beschrieben beim Segeln das Wetter essentiell. In einem Masse wie man es sonst nicht kennt. Zum Ankommen, für den Komfort, aber auch für die eigene Sicherheit und die des Bootes. 

Das soll jetzt gar nicht so dramatisch klingen. Aber oft werden wir gefragt warum wir so lang an einem Ort waren, der doch gar nicht so viel zu bieten hat- aus touristischer Sicht. Oder warum wir nicht in der Soundso Bucht/Dorf etc waren. Eben genau darum – weil wir Starkwindphasen abwarten oder ein gutes Wetterfenster nutzen wollten.

Die Ostküste Sardiniens erweist sich hier auch im südlichen Teil als recht trickreich- zum einen gibt es wenig kleine Buchten – die meisten Küstenabschnitte sind recht gerade und lang. Also kein Schutz für uns zum offenen Meer. Und wir stellen fest, dass unsere Wettervorhersagen meist falsch liegen, teils nur in der Windstärke, oft auch Richtung.

Zudem widersprechen sich dann auch noch die einzelnen Wettermodelle (wir greifen z.B. auf bis zu 5 verschiedene zu) - sprich manchmal muss man sich dann einfach festlegen welchem Modell man glaubt. Am Ende sind das auch nur Berechnungen und Wahrscheinlichkeiten aus Großwetterlagen heraus, die nach vorne projiziert werden. 

Als wir in Villasimius Richtung Arbatax starten, rechnen wir damit schön segeln zu können. Pustekuchen- glatt wie ein See liegt das Meer da, kein Lufthauch regt sich. Wir motoren die Küste entlang. 

Der Vorteil dabei ist, dass wir ungeplant ankern können. Eigentlich dachten wir in die Marina von Arbatax einzulaufen, wegen der oben erwähnten offenen Küste. Bei den Wind- und Wellenverhältnissen aber ankern wir eine Bucht davor und geniessen es völlig alleine hier zu liegen. Nachdem Guido sich an die Arbeit macht die Positionslampen vorne zu reparieren, nehme ich mir das Heck der BB vor. Wir haben da ein paar unschöne Flecken vom Tanken- da ist letztes Jahr Diesel über das Heck gelaufen und wir haben den Fehler gemacht es erst antrocknen zu lassen, bevor wir es weggeputzt haben. Also muss die Politur ran, und da danach noch ein Rest in der Flasche ist, bekommt das ganze Heck ein bisschen liebevolle Zuwendung. Derweil hängt Guido in deutlich unbequemer Haltung im Ankerkasten um die Kabel der Lampen zu erneuern. Und nicht nur die – hier zeigt sich was Meerwasser so kann – und zwar innerhalb von nicht mal 10 Monaten…Und nachdem wir in einem Youtube-Video eines österreichischen Segelpaars gesehen haben, was Kriechstrom durch Undichtigkeiten so anstellen kann auf einem Boot, isoliere ich lieber nochmal die Leitungen in unseren Geräteträger neu ab.

Als wir unseren Weg die Küste entlang fortsetzen, kehrt sich das Wetterthema um – vorausgesagt ist leichter Wind „achterlich“, also von hinten, mit maximal 10 Knoten Wind. Wir denken darüber nach, wann wir den Gennaker mit dem Bären setzen können- unser Leichtwindsegel für solche Fälle. Wir bekommen aber etwas völlig anderes – über 30 Knoten von schräg vorne, mit einer ordentlichen Welle, die genau auf die Küste zu walzt. Die Gischt spritzt ein paar Mal bis ins Cockpit…

Damit ist für uns das Thema Ankern Essig, und unsere Planung dahin. Wir beschließen die Marina von La Caletta anzusteuern – die nächste Marina auf unserem Weg, die genug Tiefe hat für uns. Also statt einem beschaulichen Halbtagestörn entgegenzusehen geben wir Gas, und kommen nach ungefähr 20 Meilen mehr als gedacht, abends in La Caletta an. Nach dem Anlegen ist es natürlich erst mal windstill...

Da zwei Tage mit Winden über 40 Knoten vor uns liegen bleiben wir gleich noch ein paar Tage dort. Der Ort an sich ist nicht wirklich sehr spannend, und noch im Vorsaison-Halbschlaf. Wir igeln uns also ein und ruhen uns einfach ein wenig aus. Wir haben es sehr gemütlich. Immerhin haben wir damit die untere Hälfte der Ostküste, und somit den für uns etwas schwierigen Teil schon hinter uns – im Sauseschritt. 

Sobald das Wetter es zulässt, geht es Richtung Costa Smeralda- nicht nur bekannt als die Welt der Reichen und Schönen – sondern auch mit vielen Buchten gesegnet, die uns hoffentlich guten Schutz zum Ankern bieten werden. Und der Name der Costa Smeralda kommt vom smaragdfarbenen Wasser in den Buchten- da sind die Erwartungen entsprechend hoch!

von Sarah 10. Januar 2022
Um halb sechs Uhr morgens am 08.08.21 machen wir in Cartagena die Leinen los. Nur um sie zehn Minuten später an der Tankstelle wieder festzumachen. Wir füllen nochmal den Dieseltank und alle Kanister. Der Manövrierraum ist etwas enger als gedacht, da ein Fischer wohl dachte, er störe hier nachts niemanden, wenn er an der Tankstelle festmacht. Um halb sieben verlassen wir das geschützte Hafenbecken von Cartagena. Direkt in der Einfahrt passieren wir noch einen kleineren Tanker, dessen Beleuchtung es auch bei uns taghell erscheinen lässt.
von Sarah 5. Januar 2022
Die Belohnung des müden Seglers – Sonnenaufgänge vom Feinsten. Die Crew schaut noch etwas kariert, aber dennoch sind wir begeistert von dem Bild, das sich um uns herum zeigt.
von Sarah 2. November 2021
Seit 2008 ist Alicante Startpunkt und Base des Volvo Ocean Race, mit Ausstieg von Volvo die des "The Ocean Race". Manchen sagt auch noch der ganz alte Name „Whitbread Round the World“ etwas, das seit Anfang der 70er, damals noch von Southampton aus startete. Es ist eine Regatta in mehreren Etappen um die Welt, und gilt als eines der härtesten Rennen, auf Grund der einzelnen Etappen und Jahreszeiten. In 2021 hätte es das erste Mal unter dem Namen „The Ocean Race“ stattgefunden, auf Grund von Corona wurde es aber ins Jahr 2022 verlegt. Irgendwie ja schon passend, dass wir zufällig hier landen… Wir sehen uns natürlich die Base an, aber bis auf zwei aufgebockte Schiffe ist nicht viel zu erkunden. Aber die sind mächtig. Spannend mal so vor einer Open 60 zu stehen. Open ist das richtige Stichwort für das Deck- wenig zum Festhalten…In der Regatta-Szene ist es letztlich ähnlich wie beim Auto-Rennsport: In den Anfängen handelte es sich hier um Schiffe, die auch sonst zum normalen sportlichen Segeln genutzt wurden. Heutzutage sind das reine Rennmaschinen, gewichtsoptimiert, und eigentlich nicht bewohnbar. Außer man hängt gerne bei großer Lautstärke in einer wackeligen unisolierten Minikoje und isst Astronautennahrung. Die körperliche Hygiene lassen wir mal besser ganz außen vor…
von Sarah 1. November 2021
Wir sind sowas von vorbereitet. Das Schiff sowieso, Sicherheitseqipment ist gecheckt und vorbereitet, alle Proviantierungsmöglichkeiten der BB sind ausgeschöpft, ich habe sogar vorgekocht (Danke für den Tipp an Vicky von der IBEX) für den Fall, dass das Wetter längere Aufenthalte unter Deck verhindert. Zu guter Letzt installieren wir noch das Satellitentelefon, in unserem Fall das Iridium GO!. Hierdurch sind wir auf der Strecke auch trackbar wenn die letzten Mobilverbindungen sich verabschieden. Aber vor allem für uns wichtig: Wir können dadurch unterwegs neue Wetterdaten laden. Wir haben fast 500 Seemeilen vor uns, das bedeutet ganz grob mal 5 Tage auf See. Da können sich Wetterlagen verändern. Damit wir uns entsprechend anpassen können, laden wir über Satellit bis zu dreimal täglich neue Wetterdaten. Zwei Tage vor Abfahrt sehen wir uns ein Tutorial von Predict Wind an (das ist unser Wetterdienst, den wir vornehmlich nutzen) zur Installation und Nutzung- fun point: Im Tutorial wird empfohlen die Installation ca 2 Wochen vor Start zu beginnen. Nun, muss jetzt in 48 Stunden klappen. Wir wollten das System nicht früher aktivieren, da die monatliche Nutzung mit 150 Euro schon happig ist. Aber es klappt auch- das System ist wirklich einfach zu bedienen.
von Sarah 14. August 2021
Wir verlassen die Asinara Insel und steuern eine ganz besonders schöne Stadt im Nordwesten an- Castelsardo. Ein mittelalterliches Städtchen, umgeben von einer trutzigen Burganlage. Solche Orte sind tatsächlich rar auf Sardinien, meist gibt es doch kleinere Dörfchen, selten mal eine Stadt, die auf so viele Jahre zurückblicken kann.
von Sarah 2. August 2021
So langsam sind wir im Nordwesten Sardiniens angekommen. Zwischen der Costa Paradiso und dem Golfo di Asinara liegt Isola Rossa, benannt nach der kleinen vorgelagerten Insel und den rosafarbenen Granitfelsen. Die dortige Marina ist für zwei Tage unser Ort der Wahl. Ende Juni sind wir hier noch fast alleine, und genießen das beschauliche Fischerdorf. Auch wenn die Haupteinkommensquelle mittlerweile eher der Tourismus sein dürfte, so gibt es doch noch einige auch kleinere Fischerboote, die rege im Einsatz sind. Entsprechend schüttelt es uns immer wieder durch, gerne frühmorgens, wenn der Schwell der vorbeifahrenden Boote uns trifft.
von Sarah 25. Juli 2021
Wir kommen jetzt langsam in den Bereich der Costa Smeralda, im Nordosten Sardiniens. Dieser Küstenabschnitt, der sich vom Großraum Olbia über die Maddalena-Inseln bis nach Palau im Norden erstreckt ist berühmt-berüchtigt für die Reichen und Schönen, für Stars und Sternchen. Porto Cervo haben viele schon mal gehört, Puff Daddy (heißt er grad so, kennt den noch einer?) urlaubt hier genauso gerne wie Beyoncé oder Leonardo di Caprio. Wie es bei den heutigen Influencern aussieht, da muss ich leider passen- ob da außer Dubai noch was anderes in Frage kommt. Zuletzt erlangte dieser Teil Sardiniens traurige Berühmtheit, da u.a. die ansässige Discothek (Club..) von Flavio B. sich für Sardinien letztes Jahr zum Supergau im Sinne von Corona-Superspreader-Location entwickelte. Gegründet wurde die Costa Smeralda übrigens komplett auf dem Papier- Agha Kahn und weitere potente Geschäftsmänner seiner Zeit taten sich Anfang der 60er Jahre zusammen, kauften einigen Schäfern die 50 km Küste für einen Apfel und ein Ei ab und gründeten das Consorzio Costa Smeralda. Dieses entwickelte die wunderschöne einsame Küstenregion zum hochklassigen und hochpreisigen Touristenmagnet – allerdings unter strengen Auflagen. Jedes Immobilienprojekt musste durch das Consorzio genehmigt werden, es musste im eigens neu entwickelten mediterran-sardischen Stil und unter Verwendung lokaler Ressourcen gebaut werden. Zudem durfte die Höhe der Gebäude die der Bäume nicht überschreiten. Dadurch wurde zwar zum einen eine ganze Küste künstlich entwickelt – der Ort Porto Cervo zum Beispiel ist auch vom Consortium gegründet worden. Und der ein oder andere Nachfahr der besagten Schäfer wird sich heute noch ärgern über die erzielten Grundstückspreise. Zum anderen aber wurde so verhindert, dass in der Entwicklung von Sardinien Hochhausbettenburgen entstanden. Es gibt ja an den mediterranen Küsten Europas leider genug schlechte Beispiele aus den 60ern und 70ern Jahren, die zeigen wie es sonst aussehen könnte.
von Sarah 11. Juli 2021
S izilien verschwindet im Kielwasser… Auch wenn diese größte Insel des Mittelmeers wunderschön ist – für uns hatte sie zuletzt den Beigeschmack des Festhängens, der Zwangspause über diesen Corona-Winter. Deshalb fühlt es sich an wie ein Befreiungsschlag als wir Ende Mai endlich Richtung Sardinien starten können. Ein ganzer Tag, eine Nacht und nochmals ein halber Tag komplett auf See liegen vor uns. Die Strecke kennen wir jetzt schon, sind wir sie ja letztes Jahr hin und – ungeplant – auch wieder zurück gesegelt.
von Sarah 4. Juli 2021
Wir laufen Sciacca auf unserem Weg gen Westen an, da die sizilianische Südküste nicht unbedingt ein Ankerparadies ist, und wir nicht direkt zum Saisonstart an einem ungeschützten Strand den nächtlichen Schwell genießen wollen. Die Marina ist recht klein, aber hat gute Kritiken. Deshalb haben wir bereits aus Licata einen Platz dort telefonisch reserviert. Da wir auch tanken wollen und das Hafenbecken recht seicht wirkt, fragen wir per Whattsapp nochmal nach, ob es auch an der Tankstelle tief genug ist – Kein Problem, über 5 Meter ist die Antwort. Beim Einlaufen in den Hafen legen wir zuerst an der Tankstelle an- mein erster Anleger der Saison, die Anspannung ist also groß.
von Sarah 17. Juni 2021
Wiedersehensfreude im Gesicht
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