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Die Entscheidung

Sarah • 15. August 2020
Wir haben zwei Jahre Zeit, ein Boot und vor allem haben wir uns- das sind die Koordinaten, die wir nutzen wollen um Länder, Menschen kennen zu lernen, neue Erfahrungen zu machen, zu lernen, unseren Horizont zu erweitern. 
Fremdbestimmung nur durch das Wetter zu erfahren.
Unser eigentlicher Plan besagt hierzu, über die sogenannte Barfußroute um die Welt zu segeln. 
Nach viel Recherche, Diskussion und in uns hineinhören ist dieser Plan so aus unserer Sicht derzeit nicht guten Gewissens durchführbar. 
Panama ist immer noch zu, mit teils gestrandeten Seglern, die nicht weiter können oder nicht mehr zu ihrem Schiff kommen. 
Corona wütet dort unvermindert und führt gerade in solch einem Land zu zusätzlichen Unruhen. Da möchte ich gerade wirklich nicht auf die Panama-Kanal-Passage warten müssen. 
Die Südsee ist teils noch im Lockdown, teils wieder offen. Allerdings haben sich dort auch unschöne Szenen abgespielt, mit Seglern, die nach 3 Wochen Pazifik nicht anlanden durften, oder einer Insel verwiesen wurden, ohne Perspektive wohin. Die Abstände zum nächsten Zipfel Land dort sind dann nicht witzig und somit ein Ausmaß an Abhängigkeit, das wir nicht eingehen wollen. Das ist kein Vorwurf an diese Länder, ich kann das aus deren Perspektive sogar verstehen. 
Australien, Neuseeland, Südafrika - ihr kennt alle die aktuellen Nachrichten was dort gerade passiert. Und wir haben nicht viel Vertrauen, dass sich all das innerhalb der nächsten Monate komplett in Wohlgefallen auflösen wird.
Corona verlangt gerade von allen, in allen Bereichen Flexibilität, und so auch von uns.
Deshalb haben wir uns entschieden, nicht auf Teufel komm raus an der kompletten Weltumseglung festzuhalten, sondern das zu machen, was sich für uns gut und richtig anfühlt. Denn darum geht’s ja eigentlich auch. Wir machen das hier nur für uns.
Wie wäre es denn dann mit der Hälfte? Die sogenannte Atlantikrunde.

Die neue Route sieht deshalb folgendermaßen aus:
Nach dem Mittelmeer wollen wir über den Atlantik, die Karibik erkunden und idealerweise über die Bahamas auch die Ostküste der USA hochsegeln. Danach dann zurück und durch Europa wieder an unseren Startort in der Adria. Das hat den guten Nebeneffekt, dass wir bei gleicher Zeit und kürzerer Strecke mehr Zeit für die einzelnen Orte haben. Das haben wir die letzten Wochen ja etwas vermisst. 
Daraus ergibt sich aber noch eine Frage: Ob man dieses Jahr den Atlantik überquert oder nächstes Jahr. Beides ist grundsätzlich möglich, es gibt jeweils Pros und Cons. 
Wir haben das lange und ergebnisoffen diskutiert – mit ein Grund warum es so still hier war.
Auch die momentan wieder steigenden Fallzahlen für Covid19, mögliche Reisewarnungen etc haben natürlich eine entscheidende Rolle dabei gespielt. Zudem die Frage wo man sein möchte, wenn sich die Lage wieder mehr zuspitzt. 

Lange Vorrede, aber jetzt ist die Entscheidung gefallen, mit der wir uns sehr gut fühlen, und die wir gerne mit Euch teilen wollen: 
Wir haben uns für dieses Jahr für Europa entschieden und werden somit die Atlantikquerung nächstes Jahr angehen. Das bedeutet jetzt erstmal viel Mittelmeer bis zum Winter, und zu aller erst viel Italien. Und wir beginnen direkt damit uns intensiv Sardinien zu widmen - das hat mehr Zeit verdient und da freuen wir uns sehr drauf!
von Sarah 10. Januar 2022
Um halb sechs Uhr morgens am 08.08.21 machen wir in Cartagena die Leinen los. Nur um sie zehn Minuten später an der Tankstelle wieder festzumachen. Wir füllen nochmal den Dieseltank und alle Kanister. Der Manövrierraum ist etwas enger als gedacht, da ein Fischer wohl dachte, er störe hier nachts niemanden, wenn er an der Tankstelle festmacht. Um halb sieben verlassen wir das geschützte Hafenbecken von Cartagena. Direkt in der Einfahrt passieren wir noch einen kleineren Tanker, dessen Beleuchtung es auch bei uns taghell erscheinen lässt.
von Sarah 5. Januar 2022
Die Belohnung des müden Seglers – Sonnenaufgänge vom Feinsten. Die Crew schaut noch etwas kariert, aber dennoch sind wir begeistert von dem Bild, das sich um uns herum zeigt.
von Sarah 2. November 2021
Seit 2008 ist Alicante Startpunkt und Base des Volvo Ocean Race, mit Ausstieg von Volvo die des "The Ocean Race". Manchen sagt auch noch der ganz alte Name „Whitbread Round the World“ etwas, das seit Anfang der 70er, damals noch von Southampton aus startete. Es ist eine Regatta in mehreren Etappen um die Welt, und gilt als eines der härtesten Rennen, auf Grund der einzelnen Etappen und Jahreszeiten. In 2021 hätte es das erste Mal unter dem Namen „The Ocean Race“ stattgefunden, auf Grund von Corona wurde es aber ins Jahr 2022 verlegt. Irgendwie ja schon passend, dass wir zufällig hier landen… Wir sehen uns natürlich die Base an, aber bis auf zwei aufgebockte Schiffe ist nicht viel zu erkunden. Aber die sind mächtig. Spannend mal so vor einer Open 60 zu stehen. Open ist das richtige Stichwort für das Deck- wenig zum Festhalten…In der Regatta-Szene ist es letztlich ähnlich wie beim Auto-Rennsport: In den Anfängen handelte es sich hier um Schiffe, die auch sonst zum normalen sportlichen Segeln genutzt wurden. Heutzutage sind das reine Rennmaschinen, gewichtsoptimiert, und eigentlich nicht bewohnbar. Außer man hängt gerne bei großer Lautstärke in einer wackeligen unisolierten Minikoje und isst Astronautennahrung. Die körperliche Hygiene lassen wir mal besser ganz außen vor…
von Sarah 1. November 2021
Wir sind sowas von vorbereitet. Das Schiff sowieso, Sicherheitseqipment ist gecheckt und vorbereitet, alle Proviantierungsmöglichkeiten der BB sind ausgeschöpft, ich habe sogar vorgekocht (Danke für den Tipp an Vicky von der IBEX) für den Fall, dass das Wetter längere Aufenthalte unter Deck verhindert. Zu guter Letzt installieren wir noch das Satellitentelefon, in unserem Fall das Iridium GO!. Hierdurch sind wir auf der Strecke auch trackbar wenn die letzten Mobilverbindungen sich verabschieden. Aber vor allem für uns wichtig: Wir können dadurch unterwegs neue Wetterdaten laden. Wir haben fast 500 Seemeilen vor uns, das bedeutet ganz grob mal 5 Tage auf See. Da können sich Wetterlagen verändern. Damit wir uns entsprechend anpassen können, laden wir über Satellit bis zu dreimal täglich neue Wetterdaten. Zwei Tage vor Abfahrt sehen wir uns ein Tutorial von Predict Wind an (das ist unser Wetterdienst, den wir vornehmlich nutzen) zur Installation und Nutzung- fun point: Im Tutorial wird empfohlen die Installation ca 2 Wochen vor Start zu beginnen. Nun, muss jetzt in 48 Stunden klappen. Wir wollten das System nicht früher aktivieren, da die monatliche Nutzung mit 150 Euro schon happig ist. Aber es klappt auch- das System ist wirklich einfach zu bedienen.
von Sarah 14. August 2021
Wir verlassen die Asinara Insel und steuern eine ganz besonders schöne Stadt im Nordwesten an- Castelsardo. Ein mittelalterliches Städtchen, umgeben von einer trutzigen Burganlage. Solche Orte sind tatsächlich rar auf Sardinien, meist gibt es doch kleinere Dörfchen, selten mal eine Stadt, die auf so viele Jahre zurückblicken kann.
von Sarah 2. August 2021
So langsam sind wir im Nordwesten Sardiniens angekommen. Zwischen der Costa Paradiso und dem Golfo di Asinara liegt Isola Rossa, benannt nach der kleinen vorgelagerten Insel und den rosafarbenen Granitfelsen. Die dortige Marina ist für zwei Tage unser Ort der Wahl. Ende Juni sind wir hier noch fast alleine, und genießen das beschauliche Fischerdorf. Auch wenn die Haupteinkommensquelle mittlerweile eher der Tourismus sein dürfte, so gibt es doch noch einige auch kleinere Fischerboote, die rege im Einsatz sind. Entsprechend schüttelt es uns immer wieder durch, gerne frühmorgens, wenn der Schwell der vorbeifahrenden Boote uns trifft.
von Sarah 25. Juli 2021
Wir kommen jetzt langsam in den Bereich der Costa Smeralda, im Nordosten Sardiniens. Dieser Küstenabschnitt, der sich vom Großraum Olbia über die Maddalena-Inseln bis nach Palau im Norden erstreckt ist berühmt-berüchtigt für die Reichen und Schönen, für Stars und Sternchen. Porto Cervo haben viele schon mal gehört, Puff Daddy (heißt er grad so, kennt den noch einer?) urlaubt hier genauso gerne wie Beyoncé oder Leonardo di Caprio. Wie es bei den heutigen Influencern aussieht, da muss ich leider passen- ob da außer Dubai noch was anderes in Frage kommt. Zuletzt erlangte dieser Teil Sardiniens traurige Berühmtheit, da u.a. die ansässige Discothek (Club..) von Flavio B. sich für Sardinien letztes Jahr zum Supergau im Sinne von Corona-Superspreader-Location entwickelte. Gegründet wurde die Costa Smeralda übrigens komplett auf dem Papier- Agha Kahn und weitere potente Geschäftsmänner seiner Zeit taten sich Anfang der 60er Jahre zusammen, kauften einigen Schäfern die 50 km Küste für einen Apfel und ein Ei ab und gründeten das Consorzio Costa Smeralda. Dieses entwickelte die wunderschöne einsame Küstenregion zum hochklassigen und hochpreisigen Touristenmagnet – allerdings unter strengen Auflagen. Jedes Immobilienprojekt musste durch das Consorzio genehmigt werden, es musste im eigens neu entwickelten mediterran-sardischen Stil und unter Verwendung lokaler Ressourcen gebaut werden. Zudem durfte die Höhe der Gebäude die der Bäume nicht überschreiten. Dadurch wurde zwar zum einen eine ganze Küste künstlich entwickelt – der Ort Porto Cervo zum Beispiel ist auch vom Consortium gegründet worden. Und der ein oder andere Nachfahr der besagten Schäfer wird sich heute noch ärgern über die erzielten Grundstückspreise. Zum anderen aber wurde so verhindert, dass in der Entwicklung von Sardinien Hochhausbettenburgen entstanden. Es gibt ja an den mediterranen Küsten Europas leider genug schlechte Beispiele aus den 60ern und 70ern Jahren, die zeigen wie es sonst aussehen könnte.
von Sarah 18. Juli 2021
Segeln wohin Wind und Welle einen tragen – hört sich super an. Wenn man sich das aber etwas genauer anschaut stellt man schnell fest, dass das ein romantisches Bild ist – aber eben halt auch nur ein Bild. Im Großen würde das ja zum Beispiel heißen, dass man wie wir in südlichen Sizilien, in Licata startet und je nach Wind in Griechenland, Tunesien, Malta oder -mit viel Glück- in Sardinien landet. Und in den meisten Fällen will man ja irgendwo hin. Oft noch innerhalb einer bestimmten Zeit. Wir zumindest wollen die Ostküste Sardiniens entlang segeln. Dafür benötigen wir den Wind aus der richtigen Richtung – alles was nicht Nord- Nord-West oder Nord-Ost ist, ist super. Zudem hätten wir gerne den Wind nicht zu schwach (wir wollen ja nicht motoren), und aber auch nicht zu stark (keine Lust auf Sturm im unbekannten Gebiet). Ach ja und dann bräuchten wir so in ca. 6-8 Stunden Entfernung noch einen geschützten Ankerplatz, der nicht zu flach, nicht zu tief ist, bitte sandigen Untergrund, der uns durch einen Hügel aus der vorherrschenden Windrichtung schützt und der gegen einlaufenden Schwell geschlossen ist. Oder alternativ bei viel Wind eine Marina, die ausreichend geschützt ist und die nötige Tiefe für unser Boot hat.Als Segelboot geht es unter Wasser noch über 2 Meter weiter bei uns. Da man sich die Bedingungen nicht wünschen kann, setzt das alles viel Planung vorraus, mit Hilfe von Wetterapps, Küstenhandbüchern und Kartenmaterial. Die richtige Planung entscheidet über gut schlafen oder besorgt wach bleiben, motoren oder segeln, bleiben oder aufbrechen. Und so heisst es oft irgendwo warten, um den nächsten Streckenabschnitt gut meistern zu können. Auch mal einen Ort auslassen, weil der bei den Windbedingungen gerade nicht passend ist. Dennoch müssen wir immer wieder umplanen, manchmal sehr spontan, und uns eine neue Lösung suchen, eine neue Bucht, eine Marina… Das ist ein interessanter, lehrreicher und auch wirklich ganz neuer Grad an Fremdbestimmung. Durch das Wetter, unbestechlich, unverhandelbar, auch durch Charme nicht beizukommen. Und oft schlecht einschätzbar und wechselhaft in seinen Launen. Dabei ist wie oben beschrieben beim Segeln das Wetter essentiell. In einem Masse wie man es sonst nicht kennt. Zum Ankommen, für den Komfort, aber auch für die eigene Sicherheit und die des Bootes.
von Sarah 11. Juli 2021
S izilien verschwindet im Kielwasser… Auch wenn diese größte Insel des Mittelmeers wunderschön ist – für uns hatte sie zuletzt den Beigeschmack des Festhängens, der Zwangspause über diesen Corona-Winter. Deshalb fühlt es sich an wie ein Befreiungsschlag als wir Ende Mai endlich Richtung Sardinien starten können. Ein ganzer Tag, eine Nacht und nochmals ein halber Tag komplett auf See liegen vor uns. Die Strecke kennen wir jetzt schon, sind wir sie ja letztes Jahr hin und – ungeplant – auch wieder zurück gesegelt.
von Sarah 4. Juli 2021
Wir laufen Sciacca auf unserem Weg gen Westen an, da die sizilianische Südküste nicht unbedingt ein Ankerparadies ist, und wir nicht direkt zum Saisonstart an einem ungeschützten Strand den nächtlichen Schwell genießen wollen. Die Marina ist recht klein, aber hat gute Kritiken. Deshalb haben wir bereits aus Licata einen Platz dort telefonisch reserviert. Da wir auch tanken wollen und das Hafenbecken recht seicht wirkt, fragen wir per Whattsapp nochmal nach, ob es auch an der Tankstelle tief genug ist – Kein Problem, über 5 Meter ist die Antwort. Beim Einlaufen in den Hafen legen wir zuerst an der Tankstelle an- mein erster Anleger der Saison, die Anspannung ist also groß.
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