Schnelle Entscheidungen sind gefragt
Und entscheidungsfreudig sind wir ja – also kehrt Marsch, das tun wir uns nicht an. Stromboli haben wir jetzt aus der Nähe gesehen, und fotografiert, dann halt nicht Nachts. Wir verlegen uns auf die Insel Salina. 20 Meilen wieder zurück, von Lipari aus wären das 1,5 Stunden gewesen… Aber immerhin- Stromboli gesehen. Die Zeit nutze ich zum Brot backen.
In Salina finden wir im Norden der Insel gerade noch rechtzeitig abends einen Ankerplatz, auch hier keine Bucht, aber ein recht breiter Streifen Sand auf 7 Meter Tiefe parallel zu einer wunderschönen Felsenwand, die sich neben uns nach oben streckt. Ein Geologe hätte Spaß hieran, wir finden es einfach schön. Die Windprognose ist auch diesmal nicht richtig, aber da es insgesamt wenig Wind hat ist es in Ordnung. Eine leichte Welle läuft durch, die es natürlich in den Vorhersagen auch wieder nicht gibt, aber nicht wirklich störend. Die Nacht ist entsprechend relativ ruhig und der Anker hält gut. Wir beschließen eine weitere Nacht hier zu bleiben und den Tag mit Schwimmen und Schnorcheln zu verbringen.
UND MAL WIEDER WIND UND WELLE
Ab mittags nimmt die Welle zu, und der Wind wir böig, bis er am frühen Nachmittag wieder 28 Knoten erreicht. Die Welle wird unangenehm. Und noch viel brisanter- wir entdecken, dass wir slippen. Heißt der Anker hält nicht mehr, der böige Wind und die Wellen waren zu viel für den Untergrund. Wir haben uns bereits 20 Meter die Küste entlang bewegt. Also Anker auf und wieder los. Wir haben genug von schmalen Ankerstreifen und Welle. Und entscheiden uns, ans sizilianische Festland zu gehen. Bye bye liparische Inseln.
Wir können wunderbar segeln und erreichen noch vor Sonnenuntergang Cap Orlando.
Die Bucht ist riesig, großteils 6-8 Meter Tiefe, eine Mischung aus Sand und teils etwas Fels.
Einwandfrei. Allerdings steht hier auch wieder eine ordentliche Welle rein. Das müssen wir aushalten ist unsere Devise, wir können nicht jedes Mal in eine Marina, und kostenmäßig müssen wir das wirklich mal runterfahren. Das wären wieder mal 100 Euro. Also bereiten wir uns auf eine schaukelige Nacht vor. Ich hatte aber keine Vorstellung wie schaukelig. An Deck bei Käse, Brot und Sundowner klang das recht romantisch, und wir fühlten uns gut mit unserer Entscheidung. Gefühlt schlafe ich gar nicht. Ich lege mich in den Salon (Nautisches Wohnzimmer) , da ich mich dort mit Polstern und Kissen verkeilen kann, um nicht auf den Boden zu fallen. Guido hat sich ins Vorschiff verzogen. Unsere schöne Achterkajüte aka Schlafzimmer ist unbrauchbar. Denn die Doppelmatratze bietet keinen Halt. Es ist kein Wind, nur die Welle. Das führt bei einem Schiff leider dazu, dass die Welle es dreht, so dass man quer zur Welle liegt. Und unsere war hoch und in kurzem Abstand. Habt ihr schon mal der Waschmaschine zugesehen, wenn sie Sachen einweicht? Genau so.
Keine Chance zu schlafen. Sobald die erste Morgenröte aufzieht, starten wir Richtung Palermo . Was für eine bescheidene Nacht.
Wenn wir unter das Thema "Ankern in Sizililen" für uns mal einen Strich ziehen, dann kommt da nichts positives bei raus. Die einzige gute Ankerbucht war aus unserer Sicht die Südseite von Volcano.
Nicht falsch verstehen- Sizilien ist wunderschön und die liparischen Inseln ebenso. Nur mit dem Boot nicht ideal, wenn man, wie wir, eigentlich nicht gerne in Marinas geht. Apropos-
Heisse Nächte in Palermo – EAV lässt grüßen
In Palermo gehen wir direkt in die Marina, ankern ist da nicht möglich.
Wir haben reserviert in der Marina Sitimar, am Industriehafen vorbei, mitten in der Altstadt liegend - und mit überschwenglichen Bewertungen andere Segler in unserer Navily App. Und die sind alle berechtigt. Wir erkunden also zwei Tage zu Fuß die Altstadt von Palermo.
Wie haben wir diese Stadt erlebt? Palermo ist toll, lebendig, laut, wunderschön, hässlich, verfallen, schmutzig, gepflegt, alles das direkt nebeneinander.
Die Altstadt verfällt großteils vor sich hin, es wird von der Substanz gezehrt, einstmals wunderschöne Häuser sind gefühlt unbewohnbar (was nicht heißt dass sie unbewohnt sind…).
Dazwischen sieht man alle Stadien des Verfalls, der Müll liegt auf den Straßen, und wenn man von den ausgeleuchteten Hauptstrassen einen Blick in die Gassen wirft, sieht man Obdachlose am Wegesrand schlafen, oder tagsüber in Gruppen zusammenhocken.
Armut ist greifbar und sichtbar. Das macht auch nachdenklich.
Und dazwischen, ohne eine genaue Logik, sind einzelne Gebäude mit viel Liebe renoviert, strahlen heraus. Das ist aber nicht, wie sonst vielleicht üblich, auf ein Viertel beschränkt, sondern gefühlt mutwillig über die ganze Stadt verteilt. Dazwischen unzählige Lokale, man sitzt auf den Straßen, die ganze Stadt ist lebendig und die Menschen sehr gastfreundlich.
Insgesamt war Palermo toll und ich kann nur empfehlen, es sich mal anzusehen. Ob es ganz alleine für eine Städtereise reicht weiß ich nicht, aber beim Sizilien-Urlaub sollte man es auf jeden Fall einplanen. Elektriker könnten hier übrigens mal so richtig bei Null starten, und sich endlos austoben – faszinierend. Nach deutschen Regeln müsste das alles längst gebrannt haben. Aber da wir eben in Italien sind, scheint es wunderbar zu funktionieren.
Capo San Vito und ein cholerischer Marinero
Am Donnerstag früh starten wir wieder weiter- wir wollen nach Capo San Vito. Dort gibt es eine Marina (keine Experimente mehr mit Ankern hier) und der Strand soll phantastisch sein. Die Bewertungen der Marina sind exzellent. Einfach mal 2 Tage Strandurlaub- das hört sich gut an. Und dann starten wir von dort nach Sardinien.
Tatsächlich sieht Capo San Vito ganz malerisch aus, mit dem großen Felsen, und dem türkisfarbenen Wasser am Sandstrand. Zumindest solange die anderen Touristen noch schlafen.
Die Geschichte vom tollen Strand hatte nicht nur ich gelesen – naiv eigentlich. Man findet kaum ein Eckchen um sein Handtuch auszubreiten.
Die Marina allerdings schlägt dem Fass den Boden aus. Beim Anlegen kommen 20 Konten Wind von der Seite. Der Marinero nimmt von mir die Heckleine. Normalerweise sollte er sie entweder durch einen Ring an Land ziehen und wieder zurückwerfen, oder irgendwo festmachen. Er hält sie in der Hand, im Mund ne Zigarre und telefoniert. 11 Tonnen, an einer Leine, mit der Hand, bei 20 Knoten Seitenwind- das kann nichts werden. Nachdem wir etwas lauter werden hilft der Schiffsnachbar beim Festmachen. Der Marinero schreit uns dafür im tiefsten sizilianisch an – zumindest ist das nicht die Art von italienisch wo ich noch teilweise was verstehe. Spannender noch allerdings wird es, wie wir da wieder rauskommen sollen. Wir hatten vorher reserviert und auch die Größe der BB angegeben. Die Box in der wir aber liegen ist viel zu kurz für uns, und der Platz bis gegenüber das nächste Schiff kommt ist unter 10 Meter. Da der Nebenplatz frei war sind wir reingekommen – wenn er den Platz vergibt kommen wir nicht mehr raus. Ein Schiff dreht über den Mittelpunkt. Heißt: vorne nach links, bedeutet übertrieben gesagt hinten nach rechts. Wenn da noch ein Schiff ist geht das nicht. Dann können wir aber nicht früh genug abbiegen um in die schmale Gasse einzufahren. Es gibt viel Gefuchtel, Geschrei, und wir beschließen aus zwei Nächten eine zu machen. Morgen früh ist der Wind weg und wir hoffen einfach, dass neben uns der Platz frei bleibt. Die Nacht an Bord ist sehr heiß, kein Windhauch der Kühlung bei immer noch 25 Grad. Wir brechen also noch früher auf als geplant, um 7 Uhr. Der Platz neben uns bleibt auch frei, und so schaffen wir es haarscharf aus der Box. Puh, das war mal anders als gedacht…
Nachtfahrt – Hah, mit Wind und natürlich Welle
Auf nach Sardinien, unsere zweite Nachtfahrt steht uns bevor. Nach erstmal absoluter Flaute frischt der Wind am Nachmittag auf und wir können letztlich ganz kitschig in den Sonnenuntergang segeln. Um dem Kitsch noch die Krone aufzusetzen sehen wir endlich Delphine- nicht aus der Ferne, sondern quasi fast im Cockpit. Sie tauchen zu zweit direkt neben uns auf, schauen ein paar Mal neugierig aus dem Wasser und sind dann schon wieder weg. Was für schöne Tiere. Delphine sehen macht einfach immer glücklich.
Mit 25 bis 30 Knoten bekommen wir dann gleich ganz ordentlich Wind und wir fahren im zweiten Reff (Die Segel werden verkleinert) immer noch mit 6,5 Knoten dahin. Schwimmwesten sind an und Lifebelt ist eingehängt- da kann nichts passieren. Alles soweit prima, bis auf unseren Freund die Welle. Die kommt nämlich von vorne, und so ist es ein permanentes Auf und Nieder. Das Deck taucht vorne richtig ein, unten im Schiff ist es gerade vorne keine Freude. Zum ersten Mal wird mir auch etwas übel. Im Liegen geht es, oder draußen. Die Wachwechsel klappen schon sehr gut, und trotz der Welle schlafen wir in unseren Ruhepausen relativ ok. Die Positionslichter am Bug lassen die Gischt rot und grün leuchten - bis sie anfangen auszufallen, und schliesslich ganz aus sind. Die Positionslichter geben an in welche Richtung wir fahren, über die Farben rot und grün, und man kann uns im Dunkeln besser sehen - nicht ideal also wenn sie den Dienst quittieren. Die Kontakte sind durch das Salzwasser einfach wegkorrodiert. Guido konnte nur noch ein paar Brösel sicherstellen. Das können wir unterwegs jetzt nicht reparieren, kommt auf die To-do Liste. Wir machen zusätzliche Lichter am Schiff an, so dass wir gut sichtbar sind. Gott sei Dank ist die Nacht wirklich so wenig los, dass wir schon Angst hatten der Radar wäre kaputt, da er über Stunden nichts anzeigt. Kein Problem also, aber wieder etwas zum reparieren und basteln.
Bella Sardegna
Der Sonnenaufgang ist wieder atemberaubend. Viel früher als gedacht erreichen wir Sardinien am Samstag gegen 11 Uhr und genießen nach einem Strandtag erstmal eine ruhige Nacht in der Marina von Villasimius.
Und jetzt wollen wir aber endlich im türkisenen sardischen Wasser ankern! Die Bucht von Malfatano scheint genau das zu versprechen – und sie hält es auch! Nach 5 Stunden Traumsegelei ankern wir dort auf 11 Meter Sand, das Wasser ist türkis und glatt, und uns umgibt- Stille….